Re: Beziehungen


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Abgeschickt von Jurgen am 10 September, 2001 um 08:44:47

Antwort auf: Beziehungen von Torsten am 21 Mai, 2001 um 17:12:37:

: Hallo,
: ich würde gern wissen wie Kanadier zu Deutschen stehen.
: Wie halt die Beziehungen dieser beiden Völker sind und ob sie uns Deutsche mögen

Was meine Vorgaenger geschrieben haben kann ich nur bestaetigen.

Hinzufuegen moechte ich folgendes:

Wenn ich mir so die Neuankoemmlinge ansehe (Touristen und Einwanderer) dann ist es schon bemerkenswert, dass die einheimische Bevoelkerung nicht staerker reagiert. Das oft anstehende Sprachhindernis wirkt da wohl als Schutzschild.

Hier am Atlantik haben sich in den letzten 10 jahren viele deutsche angesiedelt. Besonders in der Gegend suedlich von Halifax. Man hat sich Land gekauf, moeglichst am Meer, und hat dort protzige Burgen (sprich Villen) hingestellt, natuerlich mit aus Deutschland importierten Handwerkern und Materialien. Die vorherrschende Meinung scheint zu sein, dass hier keiner was kann und nichts so gut ist wie im gutem alten Germany.

Man hat sich kurz umgesehen und festgestellt, dass die Einheimischen recht dumm und faul sind und von der Welt und vom Geschaeft nichts wissen. Man hat daraufhin mal schnell ein Geschaeft gegruendet (eine Bekannte wollte wahrhaftig Tee importieren weil sie glaubte, man kenne hier so etwas nicht). Es verwundert niemanden, dass viele dieser Geschaefte nach kurzer Zeit wieder zumachten, die Villen zum Verkauf standen und die Besserwisser zornig und bitter wieder nach Deutschland abgezogen sind.

Zurueckgelassen haben sie einige recht nette aber unerschwingliche Haeuser und den Eindruck, dass es in Deutschland nur Millionaere gibt.

Einige meiner deutschen Bekannten haben es fertiggebracht, sich nach Jahren ueber Kontaktarmut beschweren zu muessen. Und das in einer Gegend, die fuer ihre Gastfreundschaft und die allgemeine Geselligkeit und Hilfsbereitschaft der Bevoelkerung bekannt ist. Man fragt sich, warum das so ist.

Eines der Probleme hat seine Ursache im Wunsch vieler deutschen, hier so schnell als moeglich den Traum von Robinson Crusoe nachzuvollziehen. Aber bitte nicht ohne den Komfort und die Qualitaet und die Wertarbeit an die man ja gewoehnt ist.

Statt erst einmal sich ganz ruhig in einer bescheidenen Behausung einzurichten (das Gesparte soll ja eine Weile hinreichen) und das Leben und die Gewohnheiten und Gepflogenheiten, die Jahreszeiten, das Klima und vieles mehr zu beobachten und daraus zu lernen, stuerzen sich die meisten ins Abenteuer. Kaufen Land von dem sie nichts verstehen und kritisieren Lebensweisen die sie nicht verstehen.

Es ist ja verstaendlich. Auf den ersten Blick ist hier vieles wie in Europa. Das kann leicht dazu verleiten, vieles als selbstverstaendlich gleich zu betrachten, wenn es in Wirklichkeit im Detail doch ganz anders ist.

Daher mein Rat an jeden der hier herkommen will: Das Sparscheinchen bei der Schiegermutter unterstellen. Mindestens ein jahr lang nichts investieren. In diesem Jahr erst mal unter die Leute gehen, ZUHOEREN! - der Versuchung widerstehen, alles mit Deutschland zu vergleichen (wenn hier etwas anders ist, dann gibt es dafuer hoechstwahrscheinlich einen sehr guten Grund den es zu verstehen gilt)! Ganz wichtig: ARBEITEN! ganz gleich was und wo. Auf keinen Fall darauf bestehen, auch nur annaehernd im gelernten Gebiet zu arbeiten.

Wer diese Ratschlaege befolgt, wird nach einem Jahr sehr viel besser entscheiden koennen, woman Land kauft, was es kosten soll, was man baut und wie und warum, wo man arbeit findet und wer die Steuern bezahlt.

Wer sich die Muehe macht, das Land und die Menschen zu verstehen, wird sie lieb gewinnen. Ich bin hier seit ueber 20 Jahren zuhause und ziehe Nova Scotia jedem anderen Ort der Welt vor.

Jurgen



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